Das Pfahlsystem finden im Spezialtiefbau in folgenden Bereichen Verwendung:
- Für die Nachgründung bestehender Gebäude
- Für den Neubau von Gebäuden im innerstädtischen, dicht bebauten Gebiet sowie für Pfahlgründungen von Bürogebäuden, Schulen und Hallen
- In Gebäuden ist es problemlos möglich, die Pfähle herzustellen, da die benötigten Maschinen klein und kompakt sind und eine geringe Arbeitshöhe aufweisen.
- Das Pfahlsystem ist für Arbeiten zur Stadterneuerung sowie Reparaturarbeiten an Tiefgründungen gut geeignet.
- Liegen schwer zugängliche Bereiche in einer Baugrube vor, dann eignen sich Stahlrohrpfähle sehr gut als Ergänzung zu anderen eingesetzten Pfahlsystemen.
- Nutzung als zusätzliches nachträgliches Gründungselement. Beispielsweise finden Stahlrohrpfähle für Brückenbauwerke oder vorhandene Strommasten Verwendung.
Stahlrohre sind die Basiselemente für Stahlrohrpfähle und stehen im Lager meist in vielen Dimensionierungen und großer Menge zur Verfügung. Dadurch ist eine in der Regel sehr gute Verfügbarkeit des Pfahlsystems gewährleistet, was im Bauprojekt mehr Flexibilität und Unabhängigkeit hinsichtlich des benötigen Pfahlmaterials bedeutet. Damit lassen sich Termintreue und kürzere Realisierungszeiten realisieren.
Vorteile von Stahlrohrpfählen
Die Produktion der Pfähle ist wesentlich flexibler, als es bei Stahlbetonrammpfählen oder Stahlbetonfertigteilrammpfählen der Fall ist. Der Grund: Beide letztgenannten Pfahlsysteme müssen in der benötigen Länge, Dimension und Anzahl vorfabriziert auf Lager sein, um Verzögerungen im Bauprojekt zu vermeiden. Im Gegensatz dazu benötigt man für Stahlrohrpfähle lediglich hohle Stahlrohre in diversen Durchmessern und Wandstärken. In der Regel können die erforderlichen Dimensionen, Längen und Mengen problemlos und zeitnah vorbereitet und bereitgestellt werden. Zudem sind die Stahlrohre wesentlich leichter als fertig betonierte Stahlbetonfertigteilrammpfähle, was den Transport deutlich vereinfacht. Man verwendet daher Stahlrohrpfähle bevorzugt in Bauprojekten, bei denen Zeit und Termintreue entscheidende Faktoren darstellen.
Die technischen Vorteile prädestinieren Stahlrohrpfähle für den Einsatz auf Baustellen mit beengten Platzverhältnissen:
- Kleine und kompakte Geräte werden zur Herstellung des Pfahlsystems genutzt. Die minimale benötigte Arbeitshöhe von 2,70 m ist im Vergleich zu anderen Pfahlsystemen sehr gering. Damit sind auch Gründungen in Gebäuden realisierbar. Auch wenn eine sehr nahe liegende Nachbarbebauung vorliegt, können Stahlrohrpfähle in einem sehr geringen Abstand von etwa 10 cm Distanz problemlos hergestellt werden.
- Die Herstellung erfolgt erschütterungs- und lärmarm, da der Rammbär im Vergleich zu Stahlbetonfertigteilrammpfählen oder Stahlbetonrammpfählen ein geringes Gewicht aufweist und daher das Maß der am Rohrfuß eingeleiteten Energie deutlich geringer ist. Man bringt Stahlrohrpfähle ganz ohne Einsatz von Spülflüssigkeit in den Boden ein. Dadurch ist gewährleistet, dass die Arbeitsebene trocken und sauber bleibt.
- Stahlrohrpfähle sind Rammpfähle. Der Boden wird vollständig verdrängt, daher fällt kein Bodenaushub an. Zusätzliche Kosten für die Entsorgung von Aushub werden so vermieden. Speziell bei Tiefgründungen an kontaminierten Standorten hat sich deswegen das Pfahlsystem vielfach bestens bewährt. Auflockerungen im Boden sind ebenfalls ausgeschlossen. Der Verdrängungseffekt bewirkt im Gegenteil eine Erhöhung der Tragfähigkeit.
- Der Grundwasserhaushalt wird durch das Pfahlsystem nicht verändert. Stahlrohrpfähle sind daher sehr gut umweltverträglich.
- Die gerammten Stahlrohre verbleiben im Boden und haben bei weichen Bodenschichten eine Schutzfunktion. Sie bewahren den Beton im Inneren des Rohres vor anstehendem Wasser, welches das Betonmaterial aufgrund seiner chemischen Zusammensetzung angreifen könnte.
- Das Verfahren ermöglicht, die Pfahllängen flexibel an den Verlauf der tragenden Bodenschichten anzupassen.
- Während der Herstellung ist man in der Lage, durch Messen der Rammenergie die Tragfähigkeit zu überprüfen. Damit ist die Herstellung in gesicherter und dokumentierter Qualität gewährleistet.
Nachteile des Pfahlsystems
Stahlrohrpfähle sind nur bei weichen Böden für Tiefgründungen geeignet. Verglichen mit anderen Pfahlsystemen wie Stahlbetonrammpfählen oder Stahlbetonfertigteilrammpfählen kann das Pfahlsystem keinen sehr hohen Lastbereich abdecken, da die Pfähle vor Ort betoniert werden. Sind demnach die Anforderungen an die Belastung sehr hoch bzw. die Bodenverhältnisse nicht ausreichend weich, muss man ein alternatives Pfahlsystem im Spezialtiefbau einsetzen.
Effiziente Pfahlherstellung
Bei den Verfahren für die Herstellung von Stahlrohrpfählen unterscheidet man die Varianten Kopframmung, Innenrammung und Presspfähle. Die Variante mit Innenrammung stellt man her, indem das Stahlrohr im ersten Schritt über dem Ansatzpunkt des Pfahls positioniert und ausgerichtet wird. Die Stahlrohre weisen in der Regel einen Querschnitt zwischen 219 und 406 mm auf. Anschließend bringt man einen Beton- oder Kiespfropfen in das Rohr ein und platziert diesen am Rohrfuß. Ein im Rohr geführtes Fallgewicht fällt auf den Pfropfen und zieht das Stahlrohr in den Boden. Fallgewichte zwischen 300 und 1500 kg finden Verwendung.
Bei der Herstellung bringt man Stahlrohr um Stahlrohr schussweise ein. Hat man das erste Rohr in den Baugrund gezogen, setzt man ein zweites Rohr darauf. Beide Rohre werden miteinander verschweißt. Gemäß der erforderlichen Pfahllänge kann dieser Vorgang mehrfach wiederholt werden. Es sind Längen zwischen 0,50 und 8,00 m bei den Stahlrohren üblich. Ist die erforderliche Pfahllänge erreicht, wird die überschüssige Rohrlänge einfach abgeschnitten. Das Stahlprofil selbst ist bereits in der Lage, Lasten abzutragen. Daher können Stahlrohrpfähle sofort eingesetzt werden.
Da es sich um Ortbetonpfähle handelt, erfolgt die Verfüllung mit Beton vor Ort auf der Baustelle. Die Stahlrohre verbleiben nach der Herstellung im Boden und üben eine Schutzfunktion aus, wenn betonaggressives Wasser bzw. weiche Schichten vorliegen.
Ist die Nachbarbebauung sehr sensibel, dann besteht die Möglichkeit, den Baugrund aufzulockern oder vorzubohren, bevor der Pfahl hergestellt wird.
Vergleich zu Stahlbetonfertigteilrammpfählen und Stahlbetonrammpfählen
Stahlbetonrammpfähle sind Fertigteile, werden also im Werk vorgefertigt. Der Rammvorgang erfolgt mit hydraulischen Hämmern und erfordert deutlich größere, höhere und schwerere Geräte, als dies für die Herstellung von Stahlrohrpfählen der Fall ist. Der hochenergetische Rammvorgang führt in der Folge zu deutlich stärkeren Erschütterungen und einer stärkeren Lärmbelastung. Stahlbetonrammpfähle können jedoch deutlich höhere Lasten als Stahlrohrpfähle abtragen und weisen eine deutlich geringere Pfahlverformung auf.
Typische Anwendungsbereiche für Stahlbetonrammpfähle sind Gründungen für Offshore-Bauwerke wie etwa Windenergieanlagen sowie Brückenbauwerke. In beiden Fällen erfolgt die Herstellung nicht in dicht bebautem Gebiet, daher ist das höhere Maß an Erschütterungen und Lärmentwicklung tolerierbar. Tiefgründungen auf extrem weichen organischen Böden erfolgen ebenfalls mithilfe von Stahlbetonrammpfählen.
Fazit
Weil die schnelle, einfache und flexible Herstellung gewährleistet ist, sind Stahlrohrpfähle besonders geeignet, wenn Termintreue im Bauprojekt eine Top-Priorität darstellt. Das Spektrum verfügbarer Durchmesser und Stahlrohrstärken ist sehr groß, daher findet man für fast jede Problemstellung eine Lösung. Das Preis-Leistungs-Verhältnis des Pfahlsystems ist hervorragend. Die Pfähle sind ressourcenschonend und umweltfreundlich, da kein Aushub produziert wird und das Grundwasser unbeeinflusst bleibt. Sind die Platzverhältnisse auf der Baustelle beengt und liegen weiche Bodenverhältnisse vor, dann sind Stahlrohrpfähle das Mittel der Wahl.